Von Kanya D’Almeida
New York (IDN) – Kriege, Gewalt und Vertreibung treffen Kinder und Jugendliche besonders hart. Deshalb fordern junge Menschen eine stärkere politische Beteiligung bei der Lösung der genannten Probleme.
1,8 Milliarden Menschen auf der Welt sind zwischen zehn und 24 Jahren alt – mehr als jemals zuvor. Die meisten von ihnen leben den Vereinten Nationen zufolge im globalen Süden. In den 48 am wenigsten entwickelten Ländern machen Kinder und Jugendliche sogar die Mehrheit der Bevölkerung aus.
Nach Angaben des UN-Sonderbeauftragten für die Jugend sind 40 Prozent der 1,5 Milliarden Menschen, die in Kriegsgebieten leben, Kinder. Und immer häufiger werden sie Opfer von Kriegsgewalt. Bürgerkriege und bewaffnete Konflikte, Umwelt- und Wirtschaftskrisen unter anderem in Syrien, Afghanistan und Irak vertreiben hunderttausende Kinder aus ihrer Heimat. Zahlen für das Jahr 2011 geben 14 Millionen vertriebene Kinder an.
Auch der Klimawandel setzt vor allem Kindern und Jugendlichen zu. Sie sind besonders häufig von Analphabetismus betroffen und finden immer seltener Arbeit. Deshalb forderten die Teilnehmer der UNESCO-Konferenz über Bildung zu globaler Bürgerschaft (GCED) am 10. und 11. September in New York eine “Radikalkur” lokaler, nationaler und internationaler Entscheidungsstrukturen, um Jugendliche wesentlich stärker in politische Entscheidungen zu diesen Themen einzubinden.
Bei der GCED kommt es nicht nur darauf an, mehr Kinder in die Klassenräume zu bringen. Kurz gefasst meint die Idee der globalen Bürgerschaft laut UNESCO “das Gefühl von Zugehörigkeit zu einer größeren Gemeinschaft und einer gemeinsamen Humanität”. Es gilt, ein kulturelles Verständnis und Bürgerbewusstsein zu fördern sowie eine globale Bürgerschaft für das 21. Jahrhundert zu schaffen, die auf der Anerkennung von Menschenrechten, Frieden und Gleichheit basiert. Auch wenn weltweit für die GCED geworben wird, soll das Konzept lokal umgesetzt werden, im Einklang mit den Bildungsministerien der jeweiligen Länder und an die Erfordernisse von Staaten und Gemeinschaften angepasst.
Wachsende Ungleichheit
Die GCED strebt die Beseitigung der Ungleichheit in einer Welt an, in der die Einkommen der reichsten und ärmsten Länder derzeit im Verhältnis 80:1 stehen. In der Kolonialzeit hatte das Verhältnis 35:1 betragen. Heute besitzen die reichsten 85 Menschen zusammen mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung.
Die Idee zur GCED geht auf das Jahr 2012 zurück, als UN-Generalsekretär Ban Ki-moon die Initiative ‘Globale Bildung zuerst’ vorstellte. Nachdem Südkorea intensiv dafür geworben hatte, wurde die Initiative in das ‘Zero Draft’-Dokument für die UN-Entwicklungsagenda nach 2015 aufgenommen. Die Initiative wirbt auch für die politische Beteiligung von Kindern, die sich in wichtigen politischen Entscheidungen bisher unterrepräsentiert fühlen.
“Es gibt zahlreiche Krisenherde auf der Welt und überall dort sind junge Menschen darin verwickelt”, sagte der UN-Sonderbeauftragte für die Jugend Ahmad Alhendawi auf der UNESCO-Konferenz. Betroffene Kinder und Jugendliche müssten in Friedensverhandlungen involviert werden, fügte er hinzu. Er verwies auf eine Erklärung, die die Teilnehmer des ‘Global Forum on Youth, Peace and Security’ im August in Jordanien verabschiedet hatten. Darin fordern die Teilnehmer den UN-Sicherheitsrat auf, eine Resolution zum Thema Jugend, Sicherheit und Frieden zu verabschieden. Die internationale Gemeinschaft solle bis 2017 globale politische Strukturen schaffen, in denen sie die “Bedürfnisse, Potenziale und die diversen Identitäten von Jugendlichen in Konfliktsituationen und Post-Konflikt-Staaten” berücksichtige.
Unter den jungen Menschen leiden vor allem Mädchen und junge Frauen unter Konfliktsituationen, da sie besonders häufig Opfer von sexueller Gewalt werden. Der Frauenflüchtlingskommission zufolge waren in allen 51 Staaten, in denen es seit 1986 bewaffnete Konflikte gegeben hat, die Raten sexueller Gewalt gegenüber weiblichen Jugendlichen besonders hoch. Hinzu kommen die Risiken, die Schwangerschaft und Geburt mit sich bringen.
Auch Arbeitslosigkeit ist ein großes Problem unter der Jugend der Welt. Die Internationale Arbeitsorganisation ILO stellte am 13. Oktober die Ergebnisse ihres Berichts ‘Toward Solutions for Youth Employment’ vor. Demzufolge machen Jugendliche 40 Prozent aller Arbeitslosen weltweit aus. Die Wahrscheinlichkeit, dass Jugendliche keinen Job finden, ist viermal so hoch wie bei Erwachsenen.
Keine Opfer
Kinder und Jugendliche dürfen aber nicht nur als Opfer gesehen
werden – schon deshalb muss man sie auch an politischen Entscheidungen beteiligen, hieß es auf der UNESCO-Konferenz im September. Und an einzelnen jungen Menschen, die “außergewöhnliches” leisten, mangele es nicht, sagte Chernor Bah von der ‘Youth Advocacy Group’ aus Sierra Leone auf einer der Paneldiskussionen. Unter anderem nannte er als Beispiel die Pakistanerin Malala Yousafzai, die im vergangenen Jahr den Friedensnobelpreis erhalten hatte. 2012 war die damals 15-Jährige im Swattal in der nordpakistanischen Provinz Khyber Pakhtunkhwa nur knapp einem Mordversuch der Taliban entgangen.
Auch wies er auf die Initiative ‘#UpForSchool’ hin, eine Bewegung mit mindestens 500 jugendlichen Botschaftern in 86 Ländern, die sechs Millionen Unterschriften für eine Petition gesammelt haben, in der sie forderten, 56 Millionen Kindern, die nicht zur Schule gehen, einen Platz im Klassenraum zu geben. (Ende/IPS/jk/06.11.2015)
Bilder: http://www.indepthnews.info/images/up_for_school.jpg
Globale Initiative fordert: Kinder müssen zu Schule gehen können – Bild: #UpForSchool
http://www.indepthnews.info/images/ahmad.jpg
Ahmad Alhendawi, UN-Sonderbeauftragter für die Jugend – Bild: UN